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Für Numismatiker, Sammler und Händler

16.06.2004

Gehören kulturelle Güter der Allgemeinheit?

Verband der deutschen Münzenhändler warnt vor Gefahr der Kriminalisierung

Der Präsident des Verbands der deutschen Münzenhändler (VddM), Dr. Hubert Lanz, hat sich in einem Schreiben an die Beauftragte für Kultur und Medien der Bundesregierung, Dr. Christina Weiss, gewandt und gegen die Definition der kulturellen Güter als "öffentliche Güter" protestiert, die für alle zugänglich sein müssen. Lanz beruft sich in seinem Einspruch auf beunruhigte Sammlerkreise und Äußerungen in den Medien, wonach die Bundesregierung die Ratifizierung der UNESCO-Konvention von 1970 und des UNIDROIT-Übereinkommens von 1995 über gestohlene oder illegal ausgeführte Kulturgüter plant.

Der Satz im Abschnitt Kultur und Medienpolitik des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen "Die kulturellen Güter sind öffentliche Güter und müssen für alle zugänglich sein" sei nach unserer Rechtstradition eine unerträgliche Doktrin, weshalb er vom VddM vehement abgelehnt werde, stellt Lanz fest. "Ganz im Gegenteil dazu ist das Sammeln von Kulturgütern, wie z. B. antiker Münzen, aus unserer Sicht zuerst ein Recht des Individuums und erst in zweiter Linie öffentlich. Erst wenn die UNESCO in einer Konvention das Recht auf privates Eigentum an Kulturgütern weltweit durchsetze, könne man über sinnvolle Einschränkungen der Beweglichkeit besonders herausragender Objekte Vereinbarungen treffen."

In der Praxis zeige sich, dass nicht einmal innerhalb der EU der freie Verkehr von ganz banalen Sammlungsstücken durchgesetzt ist, stellt der VddM-Präsident fest. In Griechenland beispielsweise müsse man wegen des Besitzes einer antiken griechischen Münze mit Gefängnisstrafe rechnen. Auch in der Diktatur des Nationalsozialismus habe man jüdischen Mitbürgern ihre Sammlungen, z. B. Bilder oder Münzen, abgenommen. Bis vor kurzem habe sich der österreichische Staat geweigert, als national wichtig eingestufte Kulturgüter etwa der Familie Rothschild zurückzugeben, und erst in diesen Tagen soll ein ganz häufiger Dukat Kaiser Karls VI. (1740, Münzstätte Graz) aus der Sammlung Dr. Fürst im Wert von nur etwa 500 Euro aus den Beständen des Johanneums in Graz, wo er seit 1941 lag, den Erben ausgehändigt werden.

Vergleichbare Beispiele gebe es auch in der Bundesrepublik Deutschland, wobei hier aufgrund der liberalen Rechtslage im Bereich des Kulturgutschutzes und der damals auch von der SPD-Mehrheit im Bundesrat beschlossenen und im Kulturgutsicherungsgesetz festgeschriebenen Listenregelung keine so krassen Banalitäten festzustellen sind. Dennoch hält der Verbandspräsident fest: "Unsere Mitglieder wären von einer durch die UNESCO-Konvention und das UNIDROIT-Übereinkommen veränderten Rechtslage massiv in ihrer Existenz bedroht". Er bittet die Kulturstaatsministerin, den VddM über den Stand der Beratungen rechtzeitig zu informieren und gegebenenfalls in diese einzubeziehen.

In einem weiteren Schreiben macht Dr. Lanz den derzeitigen Präsidenten der Deutschen UNESCO-Kommission und niedersächsischen Wirtschaftsminister, Walter Hirche (FDP), auf die Gefahr aufmerksam, dass der Handel in die Illegalität verbannt werden könnte, wenn die genannten Übereinkommen von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert werden. "Bitte unterstützen Sie uns dabei, liberale Grundsätze in Bezug auf den Handel und das Sammeln von Kulturgütern zu fordern und durchzusetzen. Ich bin jederzeit zu einem Gespräch bereit, bei dem ich Ihnen die Sicht aus der Praxis darstellen kann". Helmut Caspar