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01.10.2014

Geld stinkt nicht

Viele geflügelte Wörter befassen sich mit Gut und Gold

Aussprüche zum Thema Geld und Gold gibt es wie Sand am Meer, bei manchen sind die Verfasser nicht bekannt, etwa bei "Geld regiert die Welt" oder "Wo Geld ist, da ist der Teufel; wo keins ist, da ist er zweimal". Hingegen gilt der römischen Kaiser Vespasian als Urheber des geflügelten Wortes "Geld stinkt nicht". Der Sohn eines Steuereinnehmers brachte es ziemlich schnell zum Senator und Legionskommandeur, wurde im Jahr 51 nach Christus Konsul und erhielt von Kaiser Nero den Auftrag, einen Aufstand in Judäa zu unterdrücken. Nach Neros Tod im Jahr 68 ließ sich Vespasian von den Legionen der römischen Ostprovinzen zum Kaiser ausrufen und wurde in diesem Amt vom Senat in Rom bestätigt. Er stellte die zerrütteten politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Römischen Reich wieder her, brachte die desolaten Staatsfinanzen in Ordnung und ließ das Kolosseum in Rom errichten, wofür er sehr viel, Geld benötigte. Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen erließ er unter anderem eine Latrinensteuer. Als sein Sohn Titus ihn fragte, ob die ja doch recht anrüchige Gebühr für öffentliche Toiletten nicht der Römer unwürdig sei, soll der Kaiser geantwortet haben "Pecunia non olet", Geld stinkt nicht. Laut Aussage von antiken Schriftstellern soll der Vater seinem Sohn eine Münze unter die Nase gehalten und ihn gefragt haben, ob diese etwas riecht. Natürlich verneinte Titus, bedeutete seinem Vater aber, dass das Geld "aus Harn" sei.

Gering dürften die Einnahmen aus der Toiletten- oder Harnsteuer nicht ausgefallen sein, denn überall in Rom und in den Provinzen gab es öffentliche Bedürfnisanstalten, und es wurde peinlich darauf geachtet, dass man dort gegen einen kleinen Obolus seine "Geschäfte" tätigte und nicht auf öffentlichen Plätzen oder Gartenanlagen. Der klassische Ausspruch "non olet", der sich auf viele andere Geldquellen anwenden lässt, sicherte dem als pragmatisch und energisch geschilderten Herrscher einen geachteten Platz in den Geschichtsbüchern und in der Literatur über geflügelte Wörter. Im Französischen ist der Kaiser auch heute mit dem Begriff "Vespasienne" für eine Bedürfnisanstalt präsent, in Italien nennt man sie "Vespasiani". In der antiken Literatur findet sich bei dem römischen Satiredichter Juvenal der - übersetzte - Ausspruch "Der Geruch des Gewinns ist gut, woher dieser auch stammt". Man könnte heute etwas flapsig sagen, ist doch egal woher die "Kohle" kommt, Hauptsache sie ist da.

Verschiedene deutsche Sprichwörter drücken in recht drastischer Weise aus, dass es egal sei, wie man Geld verdient. "Gelt, dass mit Scheisshausfegen vnnd Schinden verdient wird, gilt so viel, als es ehrlich errungen" ist, liest man in der volkskundlichen Literatur. Aus dem Persischen kommt die tröstliche Botschaft "Magst du auch Geld und Gut endlos zusammentragen, du wirst doch nackt und bloß zuletzt ins Grab getragen", aus dem Arabischen "Zahle das Geld her, so kommt die Braut" und aus dem Chinesischen mit Blick auf Bestechlichkeit und Kungeleien im Justizwesen "Das hohe Tribunal steht jedem offen. Doch nur, wer Geld hat, darf auf Erhörung hoffen." Englischen Ursprungs sind diese Spruchweisheiten "Wer mehr ausgibt als er sollte, wird nichts zum Ausgeben haben, wenn er möchte" und "Besser ohne Abendessen zu Bett gehen, als mit Schulden aufzuwachen".

Johann Wolfgang von Goethe hat viel Nachdenkliches zum Thema Geld hinterlassen. Er verstand etwas davon, und dies nicht nur als ein mit Finanzen befasster Weimarer Minister, sondern auch als Sammler alter Münzen und als einer, der von seinen Büchern und Theaterstücken gut leben konnte, anders als manche arme Berufskollegen. Er fasste die Wirkungen von Geld und Gold auf die Menschen und ihre Hinwendung zu Reichtum und damit verbunden zur Macht in klassischen Worten zusammen. "Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln, / Denn dies Metall lässt sich in alles wandeln", sagt der Geiz im zweiten Teil des "Faust", und im ersten Teil seufzt Gretchen "Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles, ach wir Armen". In den Venezianischen Epigrammen schrieb er: "Fürsten prägten so oft auf kaum versilbertes Kupfer / Ihr bedeutendes Bild; lange betrügt sich das Volk. / Schwärmer prägen den Stempel des Geists auf Lügen und Unsinn; / Wem der Probierstein fehlt hält sie für redliches Gold". Damit war gemeint, dass manch einer auf repräsentative Bildnisse und verführerische Parolen hineinfällt, weil er Wahres von Falschem nicht unterscheiden kann.

Was Goethe von Geldscheinen und Scheingeldern hielt, ist im zweiten Teil des "Faust" zu lesen. Höflinge erklären ihrem Kaiser, was man mit Banknoten anstellen kann, wie man mit ihnen auf wundersame Weise Rechnung für Rechnung berichtigt, die "Wucherklauen" beschwichtigt, mit ihrer Hilfe aller Höllenpein ledig wird, den Sold entrichtet und das ganze Heer neu verpflichtet. "Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut, / Und Wirt und Dirnen haben's gut". Ungläubig fragt der Kaiser nach den Ursachen dieses Wunders, worauf der alte Kanzler sagt: "So hört und schaut das schicksalsschwere Blatt, / Das alles Weh in Wohl verwandelt hat. / ,Zu wissen sei es jedem, der's begehrt: / Der Zettel ist hier tausend Kronen wert. / Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand, / Unzahl vergrabnen Guts in Kaiserland. / Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz, / Sogleich gehoben, diene als Ersatz.'" Mit diesen Zauberblättern kann man alles machen, jede Tür steht offen - man kann üppig schmausen, essen und trinken, sich festliche Kleider nähen lassen, Liebe kaufen und Soldaten anwerben. Man kann mit geborgtem Geld getrost spielen und würfeln, seine Schulden bezahlen, Acker, Haus und Vieh, Schloss, Wald und Jagd sind jedem sicher. Doch wie sich zeigt, sind das alles Trugbilder, wenn nicht reale Werte und Arbeit hinter dem mit des Kaisers Unterschrift versehenen und durch Tausendkünstler, wie Goethe sagt, schnell vertausendfachten Ersatzgeldern stehen.

Seine schlechten Erfahrungen im Umgang von Laien mit alten Münzen und Medaillen fasste Goethe in den "Wahlverwandtschaften" (II, 6) so zusammen: "Wenn Sie wüssten ... wie roh selbst gebildete Menschen sich gegen die unschätzbarsten Kunstwerke verhalten, Sie würden mir verzeihen, wenn ich die meinigen nicht unter die Menge bringen mag. Niemand weiß eine Medaille am Rand anzufassen; sie betasten das schönste Gepräge, den reinsten Grund, lassen die köstlichsten Stücke zwischen dem Daumen und Zeigefinger hin- und hergehen, als wenn man Kunstformen auf diese Weise prüfte. Aus gutem Grund warnte Goethe, Münzen zu putzen, denn "Das ist es ja was man begehrt, / Der Rost macht erst die Münze wert" (Faust II, Vers 8223-24).

"Geld ist die Königin der Welt, schafft alles dir: ein reiches Weib, Kredit und Freunde, Adel, alles! Die Überredung wohnt auf deinen Lippen und Venus schmückt mit ihrem Gürtel dich", wusste schon der römische Dichter Horaz, und er fügte hinzu, dem Wachsen des Geldes folge die Sorge. Der römische Philosoph und Dramatiker Seneca bekannte "Es ziemt sich, dem Geld zu gebieten, nicht ihm zu dienen". William Shakespeare beobachtete, wo Geld vorangeht, seien alle Wege offen, und Jean Jacques Rousseau hielt fest, solange er noch Geld in seiner Börse habe, sei seine Unabhängigkeit gesichert. "Das Geld, das man besitzt, ist das Mittel zur Freiheit, dasjenige, dem man nachjagt, das Mittel zur Knechtschaft. Selbst den weisesten unter den Menschen seien jene Leute, die Geld bringen, mehr willkommen, als die, die welches holen", schärfte der Aphoristiker Georg Christoph Lichtenberg seinen Zeitgenossen ein. Aus leidvoller Erfahrung gestand Adolph von Knigge, dem wir das in vielen Auflagen und Bearbeitungen verbreitete Buch "Über den Umgang mit Menschen" verdanken: "Wer kein Geld hat, hat auch keinen Mut. Er fürchtet, überall zurück gesetzt zu werden, glaubt, jede Demütigung ertragen zu müssen und zeigt sich allerorts in ungünstigem Licht". Und der französische Aufklärer Voltaire wusste, es sei leichter über Geld zu schreiben als es zu verdienen, "und die es verdienen spotten daher über die, welche nur darüber schreiben können". Helmut Caspar