Aktuelle Meldungen

Für Numismatiker, Sammler und Händler

04.12.2012

Natur Kunst und Architektur

Neue Goldmünze würdigt 2013 das zum Weltkulturerbe gehörende Dessau-Wörlitzer Gartenreich

Einmal im Jahr erscheint in der Bundesrepublik Deutschland eine Goldmünze im Wert von einhundert Euro. Die Serie bildet historische Bauten und Anlagen ab, die auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes vermerkt sind, und sie begann 2002 mit dem mittelalterlichen Quedlinburg und wurde dann mit Bamberg, Weimar, Lübeck und weiteren Städten fortgesetzt. 2013 wird das im Jahr 2000 von der Weltorganisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur mit einem Listenplatz "geadelte" Wörlitz-Dessauer Gartenreich gewürdigt. Aus dem künstlerischen Wettbewerb für die Goldmünze ging der Berliner Designer Lorenz Crössmann siegreich mit einem Entwurf hervor, der die wichtigsten Elemente des im ausgehenden 18. Jahrhundert angelegten Gartenreichs im Bundesland Sachsen-Anhalt zeigt. Zu erkennen sind das nach englischem Vorbild im Stil des Frühklassizismus nach Plänen des Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff als Sommerresidenz des Fürsten Friedrich Franz III. von Anhalt-Dessau erbauten Schlosses sowie eine Baumgruppe, durch die man auf eine auf der Rousseau-Insel stehende Urne mit einem Schwan davor.
Die Jury hatte zwischen einigen sehr ansehnlichen Entwürfen mit charakteristischen Elementen der Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft zu wählen. Crössmanns Münzentwurf überzeuge auf beiden Seiten durch die harmonische Komposition und ihren korrespondierenden Zusammenklang. Die Bildseite schließe Landschaft und Architektur zusammen und berücksichtige die beiden Seiten des Gartenreiches Berücksichtigung. "In der als aufsteigendes Dreieck gewählten Komposition der Bildseite verschmelzen gleichsam, wie im Gartenreich angelegt, Architektur und Natur mit der Schrift als verbindendem Element zu einer Einheit. Der Adler spiegelt die Würde eines Staatssymbols wider". Obwohl dem von Wolfgang Reuter eingelieferten Entwurf eine stimmige Gestaltung bescheinigt wird, wurde ihm nur der zweite Preis zuerkannt, weil er die Architektur als wichtiges Element nicht berücksichtigt.
Von den im Rahmen der Landesverschönerung vor über 200 Jahren geschaffenen Anlagen blieb nur ein Viertel erhalten, doch dieses ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert. Fürst Friedrich Franz III. von Anhalt-Dessau war Herrscher über ein kleines Land, wie es sie zu Dutzenden im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation gab. Doch unterschied er sich in seiner menschenfreundlichen Art in vieler Hinsicht von damaligen Potentaten. Ihm war es eine Herzensangelegenheit, zum Wohl seiner Untertanen zu wirken, und er sorgte dafür, dass sie eine gute Bildung und erträgliche Lebensbedingungen hatten.. Das 1769 bis 1773 erbaute Wörlitzer Schloss und der Park darum wurden von Christoph Martin Wieland als "Zierde und Inbegriff des 18. Jahrhunderts" gelobt und avancierten zum Mekka und Vorbild für viele Kunstfreunde. Weitgehend im Zustand der Erbauungszeit erhalten, vermittelt das vom Fürsten bescheiden als Landhaus bezeichnete Schloss ein Gefühl dafür, wie der Bauherr die Inschrift "Liebe und Freundschaft haben es erbaut, Einigkeit und Ruhe mögen es bewohnen, so werden häusliche Freuden nicht fehlen" verstanden wissen wollte.
Dass Friedrich Franz III. ein in die Zukunft blickender Mann war, erleben Besucher im Gotischen Haus, das malerisch an einem Kanal mitten im Landschaftsgarten liegt. Es ist eines der frühesten Bauten der Neogotik in Deutschland und diente dem Fürsten als privates Refugium und zur Unterbringung seiner Sammlungen "altdeutscher" Kunst, wie man damals sagte. Lange alten Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Glasfenster und Gebrauchsgegenstände aus der Zeit vor der Renaissance und dem Barock als vernachlässigenswerte Hinterlassenschaften. Man trennte sich bei Modernisierungen von ihnen, und wo der durch Reisen nach England geprägte Fürst davon erfuhr, besorgte er sich solche Stücke und leistete einen wichtigen Beitrag für die vom Geist der Romantik und der nationalen Wiedergeburt inspirierte Erforschung und Sammlung mittelalterlicher Kunst. Während das Schloss ganz der Kunst, Kultur und Architektur der Antike verpflichtet ist, atmet das Gotische Haus den Geist des Mittelalters. Viele dort ausgestellte Werke der bildenden Kunst oder in die Wände, Fenster und Decken eingefügte Architekturelemente gäbe es nicht mehr, hätten sie nicht der innovative Fürst und seine Helfer im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Bauschutt bergen lassen. Beim Anblick der neuen Goldmünze wäre auch dieser Aspekt früher Erbepflege lange bevor es einen staatlich organisierten Denkmalschutz zu beachten. Helmut Caspar