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10.06.2015

Rotkäppchen, der Wolf und heimische Vögel

Neue deutsche Euro-Münzen aus Silber und Gold für 2016 angekündigt

Die deutsche Münzserie mit Motiven aus den Märchen der Brüder Grimm bekommt mit einem Motiv aus "Rotkäppchen" Zuwachs. Für 2016 ist eine silberne Gedenkmünze zu 20 Euro angekündigt, auf der man das kleine Mädchen mit der Mütze erkennt, wie es in einem Wald mit hohen kahlen Bäumen dem Wolf begegnet. Dass sich das Kind mit einem Korb in der Hand auf dem Weg zur Großmutter befindet, erkennt man an den beiden Häuschen, die durch einen Weg verbunden sind. Das Preisgericht wählte aus interessanten Einsendungen für den künstlerischen Wettbewerb einen Entwurf von Elena Gerber aus und bezeichnete ihn als überzeugend durch seine gelungene Konzentration auf die erste Begegnung von Rotkäppchen im Wald mit dem Wolf. "Der dunkle Wald mit seinen vertikal ineinander verflochtenen Strukturen symbolisiert das Unbekannte und Unbewusste der Märchenhandlung. Die dargestellten Figuren deuten die Unschuld des jungen Mädchens und das Bedrohlich-Verführerische des Wolfes an. Die Darstellung des Adlers auf der Wertseite ist würdig und nimmt in sehr guter Weise die Strukturen der Komposition auf der Vorderseite auf", lobte die Jury das Modell der Berliner Designerin und zeichnete es mit dem ersten Preis aus. Die Auswahl fiel nicht leicht, denn die mit dem zweiten und dritten Preis bedachten Vorschläge und weitere Einsendungen lassen sich sehen und bringen das dramatische Geschehen gut auf den Punkt. Die meisten Motive zeigen Rotkäppchen im Dialog mit dem mehr oder weniger bedrohlich dargestellten Wolf, doch kommt auch eine Szene vor, auf der die Mutter ihrer Tochter sagt, sie dürfe auf keinen Fall vom Weg abweichen, während links davon der Wolf schon auf sein Opfer wartet.

Die laut Münzzeichen A in der Staatlichen Münze Berlin geprägte Rotkäppchen-Münze mit der Feingehaltsangabe SILBER 925 ist die nunmehr vierte deutsche Märchenausgabe. Begonnen hat die Serie 2012 mit einer Zehn-Euro-Münze zur Erinnerung an die berühmten Sprachforscher Jacob und Wilhelm Grimm. Es folgten 2013 Schneewittchen, 2014 Hänsel und Gretel sowie 2015 Dornröschen. Da alle deutschen Gedenkmünzen eine Randschrift besitzen, wird man sie auch auf der Rotkäppchen-Ausgabe finden. Sie zitiert die Mutter mit der Warnung UND LAUF NICHT VOM WEG AB an das Kind, sich von nichts und niemandem ablenken zu lassen und direkt zur kranken Großmutter zu laufen, um ihr etwas zu essen und zu trinken zu bringen. Im Märchen siegt am Ende das Gute, und der Verführer im Wolfspelz muss sterben, während die Großmutter und die Enkelin am Ende vom Jäger aus dem Bauch des scheinheiligen Untiers befreit werden und es, mit schweren Steinen im Bauch, tot umfällt. "Alle drei waren glücklich, dass die Angelegenheit so ein gutes Ende genommen hatte. Der Jäger nahm das Fell des Wolfes, das er so lange schon haben wollte. Die Großmutter labte sich endlich am Wein und am Kuchen. Am glücklichsten aber war Rotkäppchen. Es dachte an die Worte seiner Mutter und nahm sich fest vor, niemals mehr den Weg im Wald zu verlassen", lautet die tröstliche Nachricht am Ende des Märchens.

Für die numismatische Reise durch die Welt der Märchen gab es 2012 guten einen Anlass, denn zu Weihnachten 1812 kam der erste Band der von den Brüdern Grimm gesammelten "Kinder und Hausmärchen" heraus. Das Buch verkaufte sich anfangs nur langsam, denn die Zeiten waren schlecht und die Leute hatten andere Sorgen. Erst 1819 gab es eine zweite Ausgabe, und langsam stellte sich der Erfolg ein, so dass alsbald auch illustrierte Märchenbücher gedruckt werden konnte. Wenn man die Bücher nacheinander betrachtet und liest, dann wird deutlich, wie die Brüder Grimm die ihnen von der Obst- und Gemüsehändlerin Dorothea Viehmann und anderen Erzählern zugetragenen Märchen bearbeitet und verändert haben. Die 1837 aus Göttingen wegen politischer Differenzen mit dem König von Hannover ausgewiesenen und danach in Kassel beziehungsweise in Berlin lebenden Sprachforscher und Herausgeber des Deutschen Wörterbuchs legten sieben Auflagen der Großen und zehn Auflagen der Kleinen Märchenausgabe vor. Sie erlebten auch noch, dass ihre Sammlung in die wichtigsten europäischen Sprachen übersetzt wurde und sogar in Amerika großen Anklang fand. Nach 1945 eroberten Hausmärchen auch Asien, wo sie das am meisten verbreitete Buch deutschen Ursprungs darstellen.

Angekündigt für die kommenden Jahre sind deutsche Zwanzig-Euro-Münzen aus Gold mit Bildern aus unserer Vogelwelt. Bis 2012 werden die Nachtigall, der Pirol, der Uhu, der Wanderfalke, der Weißstorch und der Schwarzspecht dargestellt. Die Serie löst die Goldmünzen ab, auf denen von 2010 bis 2015 Blätter und Zweige unserer einheimischen Bäume abgebildet wurden. Das für 2016 angekündigte Goldstück beruht auf einem Entwurf des Berliner Münzkünstlers Bodo Broschat und zeigt eine Nachtigall mit weit aufgerissenem Schnabel auf einem Zweig sitzend. Dem Künstler sei es hervorragend gelungen, schreibt die Jury, den natürlichen Gesamteindruck der Nachtigall gestalterisch umzusetzen, und betont, der charakteristische Gesang wirke überzeugend. "Der im Hintergrund angedeutete Mond unterstreicht den nächtlichen Gesang der Nachtigall. Insgesamt überzeugt der Entwurf durch die gelungene plastische Darstellung in Verbindung mit der Reduzierung auf die wichtigsten Details des Vogels". Abweichend von der Regel, dass es zur Vorderseite einer Gedenkmünze stets eine dieser angepasste Adler- und Wertseite gibt, sind alle Rückseiten der Vogelmünzen mit dem Bundesadler gestaltet. Er breitet beschwingt seine Flügel aus und wird von den Europasternen eingerahmt. Helmut Caspar