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12.01.2015

Silberne Ehrung für Eisernen Kanzler

Der vor 200 Jahren geborene Otto von Bismarck erhält 2015 eine Gedenkmünze

"Ich brauche keine Denkmäler, mein Denkmal ist das Deutsche Reich" soll Otto von Bismarck (1815-1898), Reichskanzler und engster Mitarbeiter von Kaiser Wilhelm I., gesagt haben. Doch niemand hielt sich an diesen Wunsch. Schon zu seinen Lebzeiten wurden ihm zu Ehren mehr als 30 Bismarkstatuen, -büsten und -steine errichtet. Nach seinem Tod trieb die Bismarck-Manie mannigfache Blüten. Schon 1906 zählte man über 300 dem Eisernen Kanzler gewidmete Denkmäler aller Art sowie Bismarcktürme, -säulen und -obelisken. Überall begegnete man dem Fürsten in Bronze und Stein, mal stehend und mal sitzend, zu Pferde, in Uniform und Zivilkleidung, barhäuptig oder mit der Pickelhaube auf dem Kopf, als Schmied und Lotse, als kämpferischer Redner oder als Spaziergänger mit Hund.

Unübersehbar ist die Masse der bunt bemalten Tabakspfeifen, Trinkbecher und Wandteller, der Klappmesser, Küchenhandtücher und Kissenplatten, der Reservistenkrüge und Ruhmesblätter mit dem Bildnis und Wappen des Eisernen Kanzlers. Fürst Bismarck wurde auf geprägtem Metall als "des Vaterlands Liebling und der Feinde Schrecken" gefeiert, als Unsterblicher, Titan und als "Alldeutschlands Schutzgeist".

Diese Medaillen sind ein umfangreiches, beliebtes Sammelthema, doch zu einer regelrechten Münze hat es bisher nie gereicht. 1915 soll zu Bismarcks einhundertstem Geburtstag eine solche Sonderausgabe geplant gewesen sein. Doch hat man damals, im zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs, von dem Plan abgelassen, und auch später waren die Zeiten nicht so beschaffen, dass man sich Bismarcks mit einer Gedenkmünze erinnert hätte. Zu sehr rieb man sich an dem Politiker, zu gegenwärtig war seine Art, gegen elementare Interessen großer Teile des deutschen Volkes, vor allem aber gegen die lautstark an die Tore der Macht klopfende Arbeiterbewegung zu regieren. Als der 75 Jahre alte Kanzler 1890 von Kaiser Wilhelm II. unter wenig ehrenvollen Umständen abgehalftert wurde, gab es bei seinen vielen Gegnern ein tiefes Aufatmen. Man erwartete frischen Wind in der deutschen Politik und empfand Bismarck als Mann von gestern. Das vom jungen Kaiser praktizierte "persönliche Regiment" war aber so beschaffen, dass sich viele Deutsche schon bald die gute alte Bismarck-Zeit zurück wünschten.

Die neue Gedenkmünze erscheint am 1. April 2015, wenn der zweihundertste Geburtstag des Politikers begangen wird, über den man mit Friedrich Schiller durchaus sagen kann, "Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte". Die in der Staatlichen Münze Berlin mit dem Kennbuchstaben A geprägt, erhält die Zehn-Euro-Ausgabe als Randschrift das Bekenntnis DIE POLITIK IST DIE LEHRE VOM MÖGLICHEN. Sie wird in zwei Prägequalitäten und Legierungen geprägt, und zwar in der Qualität Stempelglanz als Kupfer-Nickel-Legierung (CuNi25) im Gewicht von 14 Gramm sowie in der höchstmöglichen Spiegelglanzqualität aus einer Legierung von 625 Tausendteilen Silber und 375 Tausendteilen Kupfer mit einem Gewicht von 16 Gramm.

Michael Otto, dessen Entwurf von der Jury mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde, konnte wie die anderen am Wettbewerb beteiligten Designer aus einer Fülle von Bismarck-Bildnissen wählen. Als kurz vor Weihnachten 2014 die ersten Bismarck-Münzen in der Staatlichen Münze Berlin "angeprägt" wurden, sagte der im hessischen Rodenbach wohnende und arbeitende Künstler, ihn habe ein ganz ungewöhnliches Porträt "direkt angesprungen" und sei ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Das Bild zeigt eine Gesichtshälfte des alternden Bismarck hell und verbirgt die andere im Dunkeln. Diese Darstellung sei symptomatisch für Bismarcks Ambivalenz, und diese habe er, Michael Otto, in seinem Entwurf zum Ausdruck zu bringen versucht. Die Jury sei seinen Gedanken gefolgt. Sie befand, das Bismarckporträt verdeutliche "in eindrucksvoller Weise die Ambivalenz, die mit der Persönlichkeit Bismarcks verbunden ist. Bismarck war kein einfacher Mann; er verkörperte beides: Tradition und Moderne". Dem Künstler gelinge es, diese Komplexität der Person in einer sehr eigenständigen Arbeit umzusetzen. Der Entwurf fordere den Betrachter zur Auseinandersetzung mit diesem Staatsmann auf und biete interpretatorischen Spielraum, urteilt die Jury und fügt hinzu: "Die En-Face-Ansicht ist handwerklich fein ausmodelliert. Die Umschrift schafft eine harmonische formale Klammer zwischen Bild- und Wertseite. Das würdig dargestellte Hoheitszeichen wird optisch getragen von einer Basis, die von den Europa symbolisierenden Sternen gebildet wird." Über seine Arbeitsweise berichtete Otto, er habe einen negativen Schnitt von beiden Münzseiten in Gips hergestellt und davon positive Abgüsse angefertigt, die mit den Inschriften zu beiden Seiten versehen wurden. Nachdem sein Entwurf vom Preisgericht angenommen wurde, habe die Staatliche Münze Berlin die aus 1.2550-er Stahl bestehenden Werkzeuge hergestellt. Mit ihnen stellen die Prägemaschinen aktuell die Bismarck-Münze her.

Die Anfertigung des Modells war laut Otto nicht einfach, denn es musste die geringe Höhe des Reliefs beachtet werden. Er selber habe bei seinem Vater Herwig Otto das Handwerk des Graveurs erlernt und lehre es an der Zeichenakademie in Hanau, nicht weit von seinem Wirkungsort entfernt. Aus dem Atelier für Münz- und Medaillengestaltung gingen Münzentwürfe für etwa 35 Länder sowie für zahlreiche Medaillen hervor, aber auch gravierte Flachreliefs sowie Prägewerkzeuge in Stahl und Messing für Münzen, Medaillen, Schmuckteile und Papierreliefs und Siegel sowie figürliche Schmuckmodelle für Schleuder- und Sandgussverfahren. Die Liste der Gedenkmünzen, die die Bundesrepublik Deutschland bisher herausgegeben hat, ist lang und wird nun durch die Bismarck-Ausgabe von 2015 ergänzt. Auf weitere Folgen in den kommenden Jahren kann man gespannt sein, Michael Otto wird auch dann mit seinen Ideen dabei sein. Helmut Caspar