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Für Numismatiker, Sammler und Händler

07.10.2015

Tresore bleiben geschlossen

Dennoch haben Münzkabinette im Internet Tag und Nacht geöffnet

Nicht jeder kann ein Münzkabinett besuchen, nicht immer haben die Sammlungen geöffnet, und oft sind sie auch nicht durch Kuratoren besetzt. Das Internet aber eröffnet Wege in die Sammlungen und kennt keine Zeitbegrenzung. Das Berliner Münzkabinett hat auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet, als es schon vor Jahren damit begann, seine aus der Antike, dem Mittelalter und der Neuzeit stammenden Sammlungsstücke für den Online-Katalog mit der Adresse www.smb.museum/ikmk zu erschließen. Der Interaktive Katalog bietet die einzigartige Möglichkeit, nicht nur alle in der Ausstellungen im Bode-Museum zu betrachten und sie für numismatische Forschungen zu nutzen, sondern auch die im 60 Meter langen Tresor liegenden Objekte weltweit am Bildschirm zu sehen und mit numismatischen und anderen Hintergrundinformationen zu verknüpfen. Bevor das Münzkabinett online gehen konnte, waren umfangreiche Vorarbeiten zu absolvieren. So wurden von allen Exponaten nicht nur Fotografien angefertigt, sie wurden auch genau gewogen und vermessen. Außerdem wurden Beschreibungen der Objekte angefertigt, die nun mit weiterführenden Literaturhinweisen studiert werden können. Die ältesten im Berliner Online-Museum erfassten Exponate stammen aus dem siebenten und sechsten vorchristlichen Jahrhundert, die jüngsten Objekte sind deutsche und ausländische Euro-Münzen. Insgesamt besitzt das Berliner Münzkabinett 540 000 Exemplare (ohne Abgusssammlung), nämlich Antike 152 000, Mittelalter (mit Byzanz) 66 000, Neuzeit ab 1500 103 000 und Islam und Asien 30 000 Exemplare. Ferner werden 12 000 Münzen in Schatzfunden aufbewahrt, hinzu kommen 32 000 Medaillen, 95 000 Banknoten, Wertpapiere und ähnliche Objekte sowie 19 000 Marken, Token, Jetons und Notgeldmünzen, um die wichtigsten Gruppen zu nennen. Außerdem besitzt das Münzkabinett 7000 Münzfälschungen, die zu Studienzwecken benutzt werden. In einer Sondersammlung werden überdies 20 000 Münzstempel, Modelle und Abschläge verwahrt, dazu kommen 2 000 Petschafte und Siegel sowie 2 000 Beispiele für so genanntes vormünzliches Geld, Gewichte und ähnliches.

Das Wiener Münzkabinett zählt mit über einer halben Million Objekten zu den weltweit größten Sammlungen seiner Art. Seine Geschichte reicht ins 16. Jahrhundert zurück, als Fürsten, Patrizier und Gelehrte ihre Liebe zu alten Münzen und bald auch zu Medaillen entdeckten. Im Kulturhistorischen Museum werden unter anderem einzigartige Raritäten aus der antiken und mittelalterlichen sowie österreichischen und europäischen Numismatik sowie Prunkstücke aus Gold und Silber, die speziell für das römisch-deutsche Kaiserhaus gefertigt wurden. All das kann unter der Adresse www.khm.at/besuchen/sammlungen/muenzkabinett betrachtet und studiert werden. Man muss weder schwer gesicherte Tresore öffnen noch in dicken Büchern blättern, sondern kann sich die Wiener Schätze in aller Ruhe zu Gemüt führen. Die Bestände werden laufend digitalisiert, wodurch der Online-Katalog nach und nach wächst. Die im Gebäude der Münze Österreich AG untergebrachte Münz- und Medaillenstempelsammlung des Wiener Münzkabinetts werden ebenfalls in einer digitalen Datenbank erfasst und neu bearbeitet, denn die erste und einzige umfassende Arbeit zu diesem Thema von Eduard Fiala ist schon über hundert Jahre alt ist. Nach der systematischen Digitalisierung werden die relevanten Daten an eine museumsweite Datenbank übergeben und dadurch allgemein zugänglich gemacht. Parallel dazu wird gerade an einem Ausstellungskonzept gearbeitet, um diese einzigartige Sammlung der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Ein virtuellen Münzkabinett, das alle numismatischen Sparten europäischer und außereuropäischer Kulturräume präsentiert, steht unter der Adresse www.kenom.de zur Verfügung. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellt dazu Mittel zur Verfügung, und beteiligt sind die Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes Göttingen, das Niedersächsische Landesmuseum Hannover, das Archäologische Institut der Universität Göttingen, die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt in Halle, das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vereinten Sammlungen. Ziel des Projektes ist es, die digitale Präsenz numismatischer Quellen deutlich zu erhöhen, wobei auch mittlere und kleine Sammlungen berücksichtigt werden. Das Virtuelle Münzkabinett öffnet Fachleuten und Laienforschern und ganz allgemein an Münzen und Medaillen interessierten Nutzern ihre Magazinbestände. Sowohl Erschließungssoftware als auch Präsentationsoberfläche können von anderen numismatischen Sammlungen nachgenutzt werden. Helmut Caspar