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Für Numismatiker, Sammler und Händler

06.08.2013

Das Erbe von vier Preußenkönigen

Manfred Olding hat die Münzen zwischen 1786 und 1873 erfasst und stellt zahlreiche Seltenheiten vor

Vor einhundert Jahren kam das Sammeln zeitgenössischer Münzen in Schwung. Massenhaft wurden die alten deutschen und österreichischen Taler und ihre Teilstücke eingezogen und eingeschmolzen, um aus ihnen neue Reichsmünzen zu gewinnen. Wer damals Weitsicht bewies, behielt die vom Feuertod bedrohten Stücke und bestimmte sie nach den Katalogen von Carl Schwalbach. Sie umfassten das 19. Jahrhundert und dienten Sammlern bis fast zur Gegenwart als hervorragendes Orientierungsmittel. Inzwischen hat "der Schwalbach" ausgedient. Die Bücher wurden von neuen, besser illustrierten Katalogen mit viel mehr Münz- und allgemeingeschichtlichen Hintergrundinformationen abgelöst, und es kommen immer neue hinzu. Nachdem der Osnabrücker Numismatiker und Münzhändler Manfred Olding 2006 im Gietl Verlag Regenstauf einen vorzüglich recherchierten und illustrierten Katalog über die Münzen Friedrichs des Großen zwischen 1740 und 1786 veröffentlichte, brachte er jetzt im gleichen Verlag sein Buch "Die Münzen des Königreichs Preußen von 1786 bis 1873" (240 S., zahlr. meist farbige Abb., 49 Euro, ISBN 970-3-86646-561-9) heraus. Erfasst werden die numismatischen Hinterlassenschaften der Könige Friedrich Wilhelm II. (1786-1797), Friedrich Wilhelm II. (1797-1840), Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861) und Wilhelm I. (1861-1888, als deutscher Kaiser 1871-1888). Der Verfasser verbindet seine Darlegungen bis in die Details der Varianten über die betreffenden Gold-, Silber- und Kupfermünzen mit kurzen Informationen zur Geldgeschichte. Mit seinen Untersuchungen ist er in der Lage, tradierte Behauptungen in der Münzliteratur und den Angeboten des Handels sowie fehlerhafte Zuschreibungen zu korrigieren und sogar Fälschungen als solche zu entlarven.

Manfred Olding beginnt die Kapitel mit kurzen Informationen über den jeweiligen Herrscher und seine Familie, um dann sofort auf die mit dessen Bildnis oder Wappen geschmückten Münzen einzugehen. Für Leser und Nutzer wäre es angebracht gewesen, wenn der Verfasser hier auf einer Seite dargelegt hätte, was sich während der Regentschaft der vier Monarchen zugetragen hat. Wichtig wären auch Informationen darüber gewesen, warum im frühen 19. Jahrhundert in Preußen und dann auch im Deutschen Bund Münzreformen durchgeführt und Münzverträge abgeschlossen wurden, die auf die Überwindung der Zersplitterung bei den Münzen, Maßen und Gewichten abzielten.

Eröffnet werden die Kapitel durch die Taler und Doppeltalern, es folgen deren Teilstücke bis hinunter zu Kupfergeld sowie zum Abschluss die Goldmünzen vom Friedrichsdor bis zur Krone. Erfasst sind die Geldstücke aus den preußischen Münzstätten, die für die gesamte Monarchie beziehungsweise einzelne ihrer Provinzen tätig waren und an bestimmten Buchstaben zu erkennen sind, und zwar Berlin (A), Breslau, Bayreuth, Glatz und Hannover (B), Frankfurt am Main (C), Düsseldorf (D), Königsberg (E) und Glatz (G). Darüber hinaus enthält das Buch Informationen über die zum Wiegen von Goldmünzen verwendeten Messinggewichte, aber auch über das in den Münzstätten tätige Leitungspersonal und die ihm ausgezahlten Gehälter. Zu den im Handel ab und zu angebotenen Probeprägungen und einseitigen Abschlägen verweist Olding auf die Bestände des Münzkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz und eine Publikation von Elke Bannicke in den "Beiträgen zur Brandenburgisch/Preußischen Numismatik, Heft 5, Berlin 1998". Die meisten Proben befanden sich in der Sammlung der Königlichen, ab 1918 Staatlichen Münze Berlin, doch sie sind seit dem Kriegsende 1945 spurlos verschwunden. Diese Exemplare können nur in Schwarz-Weiß-Fotos abgebildet werden, die Farbfotos wurden nach den Beständen des Münzkabinetts aufgenommen. Der neue Olding-Katalog ist eine hervorragende Arbeit, die den Ansprüchen der Sammler und Münzforscher, die ja oft beides in einem sind, sowie des Handels vollauf genügt. Sollte der Verfasser weiter mit einem weiteren Buch in die Vergangenheit zurück gehen wollen, dann böten sich die Münzen vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, vom Kurfürsten und König Friedrich III./I. und vom König Friedrich Wilhelm I. an. Zwar gibt es dazu eine sehr gute Fachliteratur, ein Olding-Katalog fehlt aber noch. Helmut Caspar