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Für Numismatiker, Sammler und Händler

01.10.2014

Einig Volk von Brüdern

Münzen betonen Selbstbewusstsein und Wehrbereitschaft der Eidgenossen

Die Schweiz gehörte lange Zeit zum Römisch-deutschen Reich. Ihre offizielle Loslösung erfolgte erst im Westfälischen Frieden von 1648 nach dem Dreißigjährigen Krieg. Lange davor hatten sich verschiedene Kantone sowie einige Städte die Reichsfreiheit erkämpft. Der Zusammenschluss der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden im Jahr 1291 spielte in der Geschichte der Alpenrepublik eine große Rolle und ist ein beliebtes Thema auf ihren Münzen und Medaillen. Dieser Ewige Bund vergrößerte sich im Laufe der Zeit durch Beitritt von Luzern, Zürich, Glarus und Zug. Indem sich ihm zu Beginn des 16. Jahrhunderts Basel, Schaffhausen und Appenzell anschlossen, entstand die Eidgenossenschaft der 13 Orte. Sie wurde so stark und selbstbewusst, dass sich die Habsburger zu ihrer Anerkennung bequemen mussten. Treue Katholiken, wie die römisch-deutschen Kaiser waren, taten sie dies mit Zähneknirschen. Denn inzwischen fanden in der deutschen Schweiz die Thesen der Kirchenreformatoren Calvin und Zwingli Anerkennung, und es kam zu heftigen Spannungen zwischen ihnen und den Katholiken. Im Zusammenhang mit den französischen Revolutionskriegen entstanden 1798 die Helvetische Republik und 1803 ein Staatenverbund aus 19 souveränen Kantonen, zu denen alsbald noch drei weitere hinzu traten. Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde die Schweiz als souveräner Staat anerkannt. Sie verpflichtete sich zu dauernder Neutralität und bewahrte diesen Status ungeachtet zweier Weltkriege bis heute.

Die Münzen der Schweiz zwischen Aargau und Zürich sind gut dokumentiert und finden sich regelmäßig in den Angeboten des Münzhandels. Wie das Münzwesen des römisch-deutschen Reiches bieten das der Schweiz ein buntes Bild. Alles, was vor Jahrhunderten Rang und Namen hatte, brachte Münzen heraus. Grafen und Barone, Bischöfe und Äbte sowie Städte und weitere Inhaber des Münzrechts übten es mehr oder weniger intensiv aus. Das entsprechende Privileg zu erteilen, war Angelegenheit des Kaisers, der sich sein Entgegenkommen bezahlen ließ. Wie im römisch-deutschen Reich wurden in der Schweiz sowohl guthaltige als auch minderwertige Münzen aus Gold, Silber und Kupfer geprägt. Dargestellt sind auf ihnen Bildnisse von geistlichen und weltlichen Fürsten, aber auch die Madonna und verschiedene Heilige als Schutzpatrone von Städten und Herrschaften. In neuerer Zeit erscheint Helvetia, die Symbolfigur der Schweiz, auf Münzen mal stehend, mal sitzend oder nur mit ihrem Kopf. Wir finden auf ihnen ferner stehende Männer mit wehenden Fahnen und solche auf dem Pferd reitend.

Auf den Münzen der Schweiz kommen Wappenschilder mit und ohne Krone vor, aber auch Monogramme und Kreuze, aus denen sich das Schweizer Kreuzwappen entwickelte. In den Wappenschildern ist mancherlei Getier vertreten - Bären, Schafe und Ziegen, ja auch Drachen und Reichsadler mal mit einem, mal mit zwei Köpfen. Den Reichsadler auf Münzen darzustellen, war üblich, denn man sah im kaiserlichen Reichsoberhaupt denjenigen, der die Städte und Herrschaften im Falle eines Falles vor Invasoren schützt. Schaut man Schweizer Münzen und Medaillen an, dann sind dort eindrucksvolle Veduten abgebildet, durch die sich die Städte als prosperierende Gemeinwesen präsentieren, und es kommen auch Münzen mit Händen vor, die in Freundschaft verschlungen sind.

Erwähnt sei als weiteres Motiv der legendäre Rütlischwur. Der Gründungslegende der Schweiz aus dem späten 15. Jahrhunderts zufolge schlossen sich Vertreter von Uri, Schwyz und Unterwalden auf dem Rütli, einem Ort am Vierwaldstättersee, gegen die Habsburgerherrschaft in Gestalt eines bösen Vogts zusammen. Friedrich Schiller fasste die legendäre Szene in seinem Schauspiel "Wilhelm Tell" mit diesen berühmten Worten zusammen: "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, / in keiner Not uns trennen und Gefahr. / Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, / Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben / Wir wollen trauen auf den höchsten Gott / Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen" (2. Aufzug, 2. Szene).

Die Schweiz hatte und hat allen Grund, sich um ihre Eigenständigkeit zu sorgen und ihre Bewohner zur Wachsamkeit und in allzeitiger Verteidigungsbereitschaft zu halten. Die seit 1855 mit Unterbrechungen geprägten so genannten Schützentaler beschwören die Wehrhaftigkeit der Schweizer Bevölkerung und ihren Willen, keine gegen Einmischungsversuche von außen zuzulassen. Da die Auflagen dieser relativ klein sind, muss man als Sammler zuweilen tief in die Tasche greifen, wenn man die Serie vollständig haben möchte. Aus der Literatur geht hervor, dass es innerhalb der Lateinischen Münzunion zu Problemen wegen der Ausgabe der Schützentaler gab, weil sie das Geldvolumen unmäßig anschwellen ließen, wurde die Emission 1885 abgebrochen. Zwischen 1934 und 1939 wurde die Tradition mit neuen Werten zu 100 und fünf Franken wiederbelebt, und ab 1984 kommen Schützentaler regelmäßig aus Gold und Silber als private Prägungen stets mit einem mittelalterlich kostümierten Schützen heraus. Helmut Caspar