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12.01.2015

"Packe dich du Interim"

Wovon ein Magdeburger Spotttaler und weitere Gedenkmünzen erzählen

Im Verlauf ihrer langen Geschichte hat die Stadt Magdeburg verschiedene Gedenk- oder Schaumünzen geprägt, um ihre Ansprüche auf ihre Reichsfreiheit zu betonen, auf ihre ruhmreiche Vergangenheit hinzuweisen und ihre Treue zur Lutherschen Lehre zu unterstreichen. Der in verschiedenen Varianten geprägte Interimtaler von 1549 greift mit dem Spruch PACKE DI SATHAN DV INTERIM das Augsburger Interim an. Die Interim genannte Zwischenzeit wird durch ein dreiköpfiges Ungeheuer, den Satan, symbolisiert, das vergeblich gegen Jesus Christus anzukämpfen versucht. Die Taufe des Heilands auf der Rückseite der Magdeburger Münze wird von einem plattdeutsch formulierten Spruch DIT IS MIN LEVE SON DEN S GI HO umschlossen. Kaiser Karl V. hatte nach dem Sieg über den Schmalkaldischen Bund (1547) versucht, seine gegen das Lutheranertum gerichteten religionspolitischen Ziele durchzusetzen. Das Augsburger Interim wurde von protestantischer Seite abgelehnt, wobei sich Magdeburg durch besonderen Eifer hervortat. Doch auch die Katholiken waren mit der Verordnung unzufrieden. Lange konnte sich der Kaiser seines Sieges nicht erfreuen, denn schon 1552 musste er nach einem Aufstand protestantischer Fürsten das Interim zurücknehmen und die konfessionelle Spaltung des römisch-deutschen Reiches akzeptieren.

Johann David Köhler, der Herausgeber und Autor der "Wöchentlichen Historischen Münzbelustigungen" stellte 1750 die Frage, ob der Interimtaler von 1549 überhaupt aus Magdeburg stammt, wo die Stadt doch erst später das Münzrecht erhielt. Er beschreibt das grässliche Ungeheuer bis zur stacheligen Schwanzspitze, schildert den geschichtlichen Hintergrund dieser Schmähprägung, deren Urheber sich aus Furcht vor Strafe nicht zu erkennen gab, und übersetzte die Inschrift um die Taufszene so: "Dies ist mein lieber Sohn, du sollst ihn hören".

An die Gründung von Magdeburg durch Kaiser Otto den Großen erinnert der so genannte Hurenkarrentaler von 1622. Die allegorischen Ausgabe kommt als einfache und mehrfache Taler, aber auch als Klippen und sogar als Zehndukatenstücke im Gewicht von 31 b is 34 Gramm vor. Dargestellt ist auf der Vorderseite der reitende Kaiser, während auf der Rückseite vier nackte Frauen auf einem Wagen stehen, der von Schwänen gezogenen wird. Die Inschrift unter dieser Szene "Venus die heydnisch gottin zart. / so blos hier angebettet wart / Hegegen gepflantzt an dies: ort" meint, dass der Ort ein Hort des Heidentums und der Lust war, bevor Kaiser Otto I. ihn zu einer christlichen, ganz der Sitte und Moral verpflichteten Stadt machte. In den "Münzbelustigungen" von 1750 setzte sich Köhler mit dem Hurenkarrentaler auseinander und bildet ihn ab. "Unter einem solchen ehrbarn und züchtigen Volcke, welches die Hurerey und den Ehebruch äußerst verabscheuete, und mit der größten Strenge bestrafete, konte ein Römischer Hurentempel keinen Platz haben", empört sich der Gelehrte. Der Auftrageber hätte bedenken sollen, "diesen Zucht und Ehrliebenden Teutschen angedichteten Heydnischen Greul mit einem so frechen und geilen Aufzug auf demselben vorzustellen, indem er damit veranlasset hat, daß man denselben auf allerhand Begebenheiten geschlagenen, und deswegen mit gewissen Beynahmen belegten Thalern, unter den schändlichen Nahmen des Hurenkarrenthalers beyzehlen kan".

Friedrich von Schrötter zitiert in seinem Buch über die Münzen des Erzbistums und der Stadt Magdeburg aus einer Geschichte der Stadt Magdeburg (1850), in der es heißt, "liederliche Frauenspersonen" seien vor oder neben einem Wagen gespannt und mit Flederwischen und Schellen behängt worden. "So mussten sie ihn vom Rathause nach den Wohnungen des Bürgermeisters und des Marktrichters ziehen und bekamen Schläge, wenn sie nicht munter zuschritten". Schrötter zufolge bestand der Brauch bis ins 18. Jahrhundert, also bis in die preußische Zeit hinein.

Nachdem Magdeburg 1680 vom kurbrandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm annektiert worden war, musste die Stadt ihre Münzhoheit aufgeben. Anlässlich seiner Huldigung durch die Magdeburger ließ der neue Landesherr 1681 große Schautaler aus Gold und Silber prägen. 1682 brachte die Elbestadt einen Gedenktaler heraus, der an die Überwindung der Pest erinnert, die hier 1681 und 1682 gewütet und mindestens 2649 Todesopfer gefordert hatte. Auf der Vorderseite erkennt man unter dem Stadtwappen das von der aufgehenden Sonne bestrahlte Panorama an der Elbe, über die eine Brücke führt. Auf der Rückseite zeigen zwei in einer Flusslandschaft stehende Frauen auf den Tod, der am rechten Rand in ein Gebirge davon reitet.
Häufiger als diese Raritäten sind die mit dem Stadtwappen und dem Reichsadler geschmückten Taler und ihre Teilstücke mit dem von Martin Luther geprägten Wahlspruch VERBVM DOMINI MANET IN AETERNUM (Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit). Magdeburgs letzter Taler trägt die Jahreszahl 1680, der letzte Halbtaler wurde 1678, der letzte Zweidritteltaler (Gulden) 1682 geprägt, und die letzten Dukaten stammen aus dem Jahr 1673. Mit der Prägung von Groschen verabschiedete sich die Stadt 1682 aus der Münzgeschichte. Von nun an prägte die Münzstätte in der Großen Münzstraße nur noch für die brandenburgische und ab 1701 für die königlich-preußische Regierung. Von 1719 bis 1752 ruhte der Münzbetrieb in der Stadt an der Elbe, weil das dafür nötige Edelmetall fehlte. Nach der von König Friedrich II. im Jahr 1750m veranlassten Reform des preußischen Münzwesens wurde in Magdeburg mit dem Münzzeichen F geprägt. Nach dem Ausbau der Berliner Münze konnte man auf die Prägeanstalt in Magdeburg verzichten, weshalb sie 1767 geschlossen wurde. Bedeutung hatte Magdeburg weiter als preußische Festungsstadt und Garnison. Im Siebenjährigen Krieg ließ Friedrich II. den Staatsschatz und die Archive dorthin schaffen, und auch die königliche Familie und der Hof fanden hinter den dicken Festungsmauern Schutz. Helmut Caspar