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09.09.2014

Stierkopf und Stargarder Arm

Gadebusch setzte kräftigem Geldschläger ein bronzenes Denkmal

Mecklenburg blickt auf eine lange Münzgeschichte zurück. Allerdings konnten seine Herzöge und seit dem Wiener Kongress von 1814/15 die in Schwerin und Strelitz residierenden Großherzöge nie so viele und vielgestaltige Münzen wie ihre fürstlichen Standeskollegen etwa in Braunschweig, Kursachsen und seit dem 18. Jahrhundert auch die Hohenzollern in Brandenburg-Preußen schlagen. Den Herrschern fehlte es weniger an Münzstätten und Personal, es mangelte ihnen vor allem an den für eine reiche Münzprägung notwendigen Edelmetallen. Wegen fehlender Erzbergwerke mussten sie das Silber und Gold teuer auf auswärtigen Märkten kaufen und sahen sich zu Einschränkungen bei der Herstellung ihrer Gepräge genötigt. Dem Mangel suchten skrupellose Münzmeister durch "Strecken" der Rohstoffe zu begegnen, was ihnen nicht gut bekommen ist.

Schauen wir in das Buch von Michael Kunzel "Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492 bis 1872" (Gebr. Mann Verlag Berlin 1994), dann erfahren wir von der Existenz mehrerer landesfürstlicher Münzanstalten. Sie haben unterschiedlich lang und intensiv für die Herzöge gearbeitet. Zu nennen sind die durch ihre an Stierköpfen, Greifen, den Stargarder Arm und anderen heraldischen Zeichen leicht erkennbaren Gepräge und durch Archivalien belegten Münzschmieden in Boitzenburg, Dömitz, Gadebusch, Glückstadt, Gnoien, Grevesmühlen, Güstrow, Marienehe, Mirow, Neustrelitz, Ratzeburg, Ribnitz, Rostock, Schwaan, Stargard (Burg Stargard) und Wittenburg. Als im 19. Jahrhundert der Unterhalt eigener Münzanstalten für die in Schwerin und Strelitz residierenden Großherzöge zu teuer wurde, ließen sie ihr Hartgeld in Berlin und Dresden herstellen. Die letzte mecklenburgische Gedenkmünze zu drei Mark feierte 1915 mit einem Doppelbildnis die Erhebung des Schweriner Herzogs Friedrich Franz I. zum Großherzog mit der Anrede "Königliche Hoheit".

In der mecklenburgischen Kleinstadt Gadebusch südwestlich von Wismar kann man zuschauen, wie ein kräftig gebauter Münzarbeiter Geldstücke herstellt. Die ehemalige Residenzstadt mecklenburgischer Herzöge liegt am Knotenpunkt von Straßen, die von Lübeck und Schwerin nach Mitteldeutschland sowie von Hamburg und Ratzeburg führen. Die verkehrsgünstige Situation verhalf der Stadt zu Wohlstand, was sich bis heute in prächtigen Bauwerken ausdrückt. In der über dem Marktplatz auf einem Hügel gelegenen Sankt Jakob- und Sankt Dionysius-Kirche wird ausdrücklich an die Münzprägung in Gadebusch erinnert. Die von dem Bildhauer Wolfgang Knorr geschaffene und mit einem kleinen Löwen signierte Bronzeskulptur an einer Ecke des Rathauses erinnert daran, dass Gadebusch eine ins 13. Jahrhundert zurückreichende Münzgeschichte besitzt.
In der Reihe der mit dem Bildnis des Landesherrn und seinem mehrteiligen Wappenschild geschmückten Taler ragen die eben erwähnten mecklenburgischen Glücktaler aus dem frühen 17. Jahrhundert heraus. Auf den unter der Leitung des Münzmeisters Simon Lüdemann in Gadebusch geprägten Stücken zu einem, 1 ½ und zwei Talern aus den Jahren 1612 und 1613 ist Herzog Adolph Friedrich von Schwerin in modischer Hoftracht dargestellt, während auf der Rückseite Fortuna auf einer geflügelten Kugel schwebt. In das Segel, das die Glücksgöttin fest in Händen hält, bläst Wind. Darstellung kann als Anspielung auf schwierige Zeiten wenige Jahre vor dem Dreißigjährigen Krieg interpretiert werden und als Hinweis, dass das Glück manchen Widrig- und Unwägbarkeiten ausgesetzt ist. Die antike Göttin Fortuna war zuständig für alles, was mit Glück, Zufall und Schicksal zu tun hatte. Mit dem schönen Gleichnis wollte der noch junge Adolph Friedrich I., der mit seinem Bruder Johann Albrecht II. wegen Erbansprüchen im Clinch lag, offenbar Glück und Wohlstand auf sein Land beschwören. Das 1621 durch die Zweiten Mecklenburgische Hauptlandesteilung in die Herzogtümer Schwerin und Güstrow gespaltene und damit geschwächte norddeutsche Territorium geriet in die Mühlen dieses bis dahin schrecklichsten aller Kriege mit dem Ergebnis, dass sich zeitweilig der kaiserliche Generalissimus Albrecht von Wallenstein von Kaiser Ferdinand II. als neuer Herzog bestallt wurde und die eigentlichen Dynastie vertrieb.

Münzfreunden ist Wallenstein durch seine Dukaten, Taler, Groschen und anderen Gepräge bestens bekannt. Als am Wiener Hof das Gerücht verbreitet wurde, er strebe nach der Reichskrone, bezichtigte ihn Kaiser Ferdinand II. des Verrats. Folgerichtig wurde der Geächtete am 25. Februar 1634 in Eger ermordet. Die Mörder und ihre Hintermänner feierten das Verbrechen als ruhmvolle Tat und bedienten sich an seinem riesigen Vermögen. Wo es möglich war, ließen die in ihre Ländereien zurück gekehrten Herzöge seine Bildnisse verbrennen und seine Münzen einschmelzen. Helmut Caspar