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20.06.2016

Verband der deutschen Münzenhändler traf sich zur Jahrestagung in Gotha

Die diesjährige Tagung des Verbands der deutschen Münzenhändler fand am 11. Juni 2016 an einem geschichtsträchtigen Ort statt

Gotha - einst Residenz thüringischer Herzöge, die durch eine stattliche Reihe von kostbaren Münzen und Medaillen in die Geschichte eingegangen sind und selber Zeugnisse der Münzgeschichte von der Antike bis zur Neuzeit gesammelt haben. Bei der sich alle drei Jahre wiederholenden Wahl wurden Christoph Raab (Frankfurt am Main) als Präsident, Ulrich Künker (Osnabrück) als dessen Stellvertreter sowie Jan Tietjen (Hamburg) als Schriftführer und Susanne Benz (München) als Kassiererin einstimmig bestätigt. Der Vorstand berichtete von den Bemühungen des Verbandes, auf die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland zum Kulturgüterschutz Einfluss zu nehmen. Der Verband beschloss, sich an einem Buch zur Petition "Für den Erhalt des Privaten Sammelns" finanziell zu beteiligen. Als korrespondierendes Mitglied wurde der niederländische Münzhändler Dirk Drijver aufgenommen. Als Gäste berichteten Ulf Dräger (Münzkabinett Halle) und Mario Schlapke (Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie) über Aktivitäten der Deutschen Numismatischen Gesellschaft beziehungsweise über das virtuelle Münzkabinett KENOM, das alle numismatischen Sparten europäischer und außereuropäischer Kulturräume präsentiert und unter der Adresse www.kenom.de ohne Unterbrechung und weltweit zur Verfügung steht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft stellt dazu Mittel zur Verfügung, und beteiligt sind die Zentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes Göttingen, das Niedersächsische Landesmuseum Hannover, das Archäologische Institut der Universität Göttingen, die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt in Halle, das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die in der Numismatischen Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vereinten Sammlungen. Ziel des Projektes ist es, die Präsenz numismatischer Quellen im Internet deutlich zu erhöhen, wobei auch mittlere und kleine Sammlungen berücksichtigt werden. Im Anschluss berichtete das korrespondierende Mitglied Lutz Neumann-Lysloff aus der Arbeit des Verbands Schweizer Berufsnumismatiker.

Höhepunkte der Tagung waren ein Besuch des Schlosses Friedenstein und ein Empfang beim Gothaer Oberbürgermeister Knut Kreuch, der die Gäste auf unnachahmlich humorvolle und zugleich instruktive Weise mit der Geschichte, Kultur und Sehenswürdigkeiten der Stadt bekannt machte und beschrieb, was alles von Gotha aus in die Welt gegangen ist - vom Adelslexikon "Gotha" und Mayers Lexikon bis zum Gothaplast und Gothano, nur um vier Beispiele zu nennen. Das andere Highlight war ein Besuch im Schloss Friedenstein hoch über der Stadt und dem dort seit der Barockzeit befindlichen Münzkabinett, das von den Herzögen von Sachsen-Gotha angelegt und gepflegt wurde. Von Uta Wallenstein, der Leiterin des Münzkabinetts, geführt, lernten die Gäste Geschichte und Inhalt der traditionsreichen Sammlung kennen. Ein besonderer Augenschmaus war im Bereich der Historischen Forschungsbibliothek ein Saal aus der Barockzeit, in dem Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha sein berühmtes Münzkabinett untergebracht hat. Das Aussehen des prächtig ausgestatteten, in den vergangenen 25 Jahren restaurierten Saals ist durch zeitgenössische Kupferstiche überliefert. Wenn man den Prunkraum, dessen Decke mit Allegorien auf die damals bekannten Kontinente Europa, Asien, Afrika und Amerika bemalt ist, betritt, dann sieht man, dass sich an den kostbar dekorierten Münzschränken mit Fächern für numismatische Bücher sowie vergoldeten römischer Kaiserbüsten darauf wenig verändert hat.

Das 1713 von Herzog Friedrich II. gegründete Münzkabinett gehörte schon im 18. Jahrhundert zu den führenden Kollektionen dieser Art in Europa und wurde in der damaligen numismatischen und Reiseliteratur als besonders kostbar ausgestattet und reichhaltig sortiert gepriesen. Der kunstbegeisterte Herr über das kleine Herzogtum Gotha hatte der schon von seinem Vorfahren Herzog Ernst dem Frommen übernommenen Sammlung das mit vielen Seltenheiten bestückte Kabinett des Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg-Arnstadt hinzugefügt und dafür seinem in finanzielle Schwierigkeiten befindlichen Nachbarn die enorme Summe von 100 000 Talern gezahlt. Indem Friedrich II. sein Münzkabinett aus der Kunstkammer im Schloss löste und es der Bibliothek angliederte, schuf er günstige Voraussetzungen für die Forschung und Bearbeitung des Bestandes. In weiser Voraussicht bestimmte der Herzog, dass seine Sammlung mit Beständen von der Antike bis zur Barockzeit immer beieinander bleiben soll und niemals Teile aus ihm verkauft werden dürfen. Die Nachfolger des kunst- und münzbegeisterten Herzogs hielten sich an dieses Hausgesetz und förderten die Mitte des 19. Jahrhunderts bereits etwa 80 000 Objekte umfassende Kollektion in 40 Schränken durch weitere Ankäufe sowie Einstellung namhafter Gelehrter mit Berendt Pick an der Spitze. Uta Wallenberg zeigte den Besuchern Spitzenstücke der Sammlung aus Gold und Silber und wies darauf hin, dass 2012 auch mit Hilfe des deutschen Münzhandels eine nach dem Zweiten Weltkrieg in Coburg befindliche Sammlung von 12 000 Münzen und Medaillen an ihren Ursprungsort Gotha zurückgeführt werden konnte. Zum touristischen Rahmenprogramm der Tagung gehörten ein Stadtrundgang durch Erfurt und ein weiterer durch Weimar. Das nächste Jahrestreffen des Verbands der deutschen Münzenhändler findet im Juni 2017 in Schmallenberg (Nordrhein-Westfalen) statt. Helmut Caspar